Am 18.11.2019 war die Rotunde im SportCentrum Kamen-Kaiserau mit 90 Trainern voll besetzt, überraschend und erfreulich zugleich angesichts des Themas. Unter ihnen einige bekannte, erfolgreiche Spieler und Trainer, so u.a. Ariane Hingst, Bernard Dietz, Heiko Herrlich, Ingo Anderbrügge, Rüdiger Abramczik, Hannes Bongartz, Rob Reekers und Claus-Dieter „Pele“ Wollitz. Auch sie berührte und interessierte das Thema, wie sich im Verlauf der Diskussion zeigte.
Franz-Josef Reckels, Maik Halemeier, Elmar Wienecke und Helmut Horsch begrüßten als Referenten Wolfgang Möbius, verantwortlicher Teamleiter beim DFB, die beiden Fußball-Lehrer des westfälischen Verbandes, Carsten Busch und Steffen Winter, und, last but not least Olaf Thon vom FC Schalke 04.
Passt das Thema überhaupt in eine Fortbildung des BDFL, dessen primäre Aufgabe die Fortbildung der höchstlizensierten Trainer ist? Diese Frage konnte man sich im Vorfeld durchaus stellen und sie muss eindeutig bejaht werden. Denn das Thema könnte ebenso lauten „Zukunft des deutschen Fußballs“. Der BDFL, die Fußball-Lehrer und A-Lizenz-Trainer, sind Multiplikatoren und Botschafter des Fußballs mit Erfahrung und großem Fachwissen und insoweit auch immer in der Verpflichtung, sich einzubringen,
Wolfgang Möbius bedankte sich mehrmals dafür, dass der BDFL sich des Themas annehme und den DFB und den westfälischen Verband damit unterstütze. Möbius machte deutlich, dass sich der DFB der großen Herausforderung bewusst, das Thema „Kinderfußball“ allerdings keineswegs ein Selbstläufer sei. Schützenhilfe habe man bekommen vom neuen DFB-Präsidenten Keller mit seiner Aussage und seinem Ziel „Kümmern um die Kinder der Kinder, die aktuell in den Vereinen Fußball spielen“ und ebenso in der Person von Oliver Bierhoff, der auf dem DFB-Bundestag den Antrag stellte für das Projekt „Zukunft Fußball“. Die große Basis des Fußballs sind die vielen Vereine. Ihnen kommt die Aufgabe zu, den Wegfall des Spiel- und Bolzplatzfußballs bestmöglich zu kompensieren.
Wolfgang Möbius stellte die aus Sicht des DFB optimalen neuen Spiel-und Wettbewerbsformen für die Jüngsten vor, beginnend mit den G-Juniorinnen und Junioren in einem 2 gegen 2 und/oder 3 gegen 3 auf zwei oder vier Tore. In der F-Jugend sollte dann 4 gegen 4 und/oder 5 gegen 5 gespielt werden usw. Studien und wissenschaftliche Auswertungen hätten ergeben, dass die Anzahl der Torschüsse (Erfolgserlebnisse), die Zahl der Dribblings und die Anzahl gespielter Pässe deutlich höher sei. So werde das Wahrnehmen, Entscheiden und Umsetzen gesteigert und verbessert. Wolfgang Möbius beschrieb abschließend noch die zukünftige Rolle des Trainers/der Trainerin bei den Kleinsten; er soll sich zukünftig mehr als „Spielbegleiter“ sehen.
Carsten Busch und Steffen Winter stellten dann den Weg des westfälischen Verbandes vor und referierten überzeugend über die Umsetzung altersgemäßer Zielspiele im Kinderfußball für Vereinstrainer. Dazu gehörte auch eine gelungene Praxiseinheit mit den F-Junioren des benachbarten SuS Kaiserau. Carsten Busch und Steffen Winter machten deutlich, dass die Veränderungen von den Funktionären der Vereine unerwartet kritisch aufgenommen wurden. Es ging dabei jedoch weniger um fußballfachliche Fragen, sondern um organisatorische Aspekte wie die Finanzierung der zusätzlichen Anschaffungen, die Notwendigkeit, noch mehr Trainer („Spielbegleiter“) zu haben usw.
Dennoch, es führt kein Weg vorbei an Veränderungen. Allen Verantwortlichen muss daran gelegen sein, den Bolzplatzfußball so gut es geht in die Vereine zu bringen. Die Kinder müssen deutlich mehr spielen, passen, dribbeln und aufs Tor schießen, um es ganz einfach zu beschreiben.
Carsten Busch stellte schließlich die Kurzschulung des Verbandes vor für nichtlizensierte Trainer und die nach Ansicht des Verbandes bestmöglichen Organisationsformen für Spielformen im Kinderfußball (G- und F-Junioren, sechs- bis neunjährige Kinder).
Zum Schluss referierte Olaf Thon, Weltmeister 1990, mehrfacher Deutscher Meister und Pokalsieger, und heute Repräsentant für den FC Schalke 04 sowie Kommentator und Kolumnist. Er begrüßte ausdrücklich das Thema und das Engagement des westfälischen Verbandes und appellierte, dass der Fußball im Nachwuchs die besten Trainer benötige und dafür zukünftig auch mehr Geld bereitgestellt werden müsse. Er selbst sei ein „Kind des Straßenfußballs“, habe dort die wesentlichen Grundlagen vermittelt bekommen für seine spätere Karriere. Mit der Unterstützung durch Bodo Menze, dem langjährigen Leiter der Schalker „Knappenschmiede“, beschrieb er den Kinderfußball früher und heute. Viele Fragen und die sich anschließende lebhafte Diskussion zeigten das Interesse an der Herausforderung und unterstrichen die Notwendigkeit, die Zukunft des deutschen Fußballs über den „Kinderfußball“ mit zu gestalten.
Bodo Menze, eine Institution „auf Schalke“, wurde ein wenig philosophisch als er abschließend feststellte: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten“.