Prof. Dr. Schöllhorn, Professor am Institut für Sportwissenschaft an der Johannes Gutenberg Universität Mainz, bereicherte den ITK mit seinem sehr guten Vortrag über seinen selbst entwickelten Ansatz zum Mehrwert von differenziellem Lernen.
In seinem Vortrag unterschied Prof. Dr. Schöllhorn klassisches und differenzielles Lernen. Klassisches Lernen sei charakterisiert durch Wiederholungen. Dem gegenüber stünde der Ansatz des differenziellen Lernens. Differenzielles Training zeichne sich durch fehlende Wiederholungen und nicht vorhandene Korrekturen aus. Als Beispiel für differenzielles Fußballtraining führte Prof. Dr. Schöllhorn das Training des Torschusses aus. Dabei werde bei rund 300 Übungen die Position des Standbeins, des Kickbeins, des Rumpfs, der Armhaltung, des Anlaufs, des Balls sowie des Ziels permanent und nach jedem Versuch von Neuem verändert. Diese Punkte könne man in zahlreichen Variationen kombinieren, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Je höher die Anzahl der Variationen sei, desto zufriedenstellender sei auch das Resultat.
Der Referent erläuterte weiterhin anschaulich, dass ein stabiler Zustand zuerst instabil werden müsse, um in einen besseren stabilen Zustand überzugehen. Dies sei notwendig, da man viel Energie benötige, um einen stabilen Zustand zu verlassen. Ein instabiler Zustand dahingegen sei deutlich leichter zu verändern, weshalb dieser das höchste Potenzial für Lernen biete. Daraus lasse sich schließen, dass Instabilität kein Fehler sei, sondern bewusst vergrößert werden solle, um einen größeren Leistungszuwachs zu erhalten. Wiederholungen würden den Zustand der Stabilität verfestigen, wodurch maximal eine geringe Leistungssteigerung, in manchen Fällen sogar ein Abfall der Leistung verursacht werde. Als Gründe für Wiederholungen nannte Prof. Dr. Schöllhorn eine entstehende Sicherheit, die das Einschlafen fördere. Diese Sicherheit bezüglich taktischen und technischen Abläufe benötige nur ein psychisch instabiler Spieler. Damit sollte Training so kompliziert sein, dass der Wettkampf zur leicht machbaren "Erholung" werde.
In Anschluss bezog Prof. Dr. Schöllhorn seine Ausführungen auf differenzielles Taktiktraining. Er schlug vor, das Spielfeld im Training in verschiedene Zonen aufzuteilen, die nicht bespielbar seien oder in denen bestimmte Aufgaben erfüllt werden müssten. Zudem zeigte er Variationen der taktischen Ausrichtung der Mannschaft in Breite und Tiefe, um sich auf verschiedene Gegner und Spielsituationen einzustellen. Nach zahlreichen weiteren Experimenten und Beispielen zog Prof. Dr. Schöllhorn folgendes Fazit auch in andere Anwendungsbereiche: Es sei möglich, Gehirnzustände mithilfe spezifischer Bewegungen auch langfristig verändern, was beispielsweise in der Behandlung von Parkinson oder Schlaganfällen angewendet werde.