Sportpsychologe Prof. Dr. Jan Mayer referierte im Rahmen des Internationalen Trainer-Kongresses 2018 in Dresden darüber, wie Handlungsschnelligkeit im Fußball trainiert werden kann. Er unterscheidet dabei zwischen bewusstem, langsamen Denken und unbewusstem, schnellen Denken. Auf Letzteres kommt es im Fußball bei Spielern besonders an und gilt es zu optimieren.
Was erklärt erfolgreichen Fußball? Mit dieser Frage stieg Prof. Mayer in seinen Vortrag ein. Der Sportpsychologe der TSG Hoffenheim wagte für die Frage einen Erklärungsversuch. Er stellte zunächst eine Spiel-Statistik der Begegnung Deutschland gegen Brasilien vor. Dort aufgelistet: Torabschlüsse, Ballbesitz, gespielte Pässe etc. Seine Meinung: Anhand der bloßen Betrachtung dieser Zahlen ließen sich keine gezielten Schlüsse ziehen. Für ihn fehlen in der Auflistung die Daten, wie man Fußball erfolgreich erklären kann. Für ihn spielen das Beobachten und das Verhalten von Spielern eine viel größere Rolle, um erfolgreichen Fußball zu erklären. Unter dem Verhalten eines Spielers versteht der Sportpsychologe dabei die Interaktion einer Person mit ihrer Umwelt. Jan Mayer stellt sich die Frage, wie das Denken eines Spielers überhaupt funktioniert. Er fragt sich, was Trainer und Betreuer tun können, damit die Spieler Wahrnehmungen schneller und besser verarbeiten können.
Hierzu unterscheidet er zwischen bewusstem, langsamen Denken und unbewusstem, schnellem Denken. Dabei sei besonders schnelles, unterbewusstes Denken im Fußball wichtig. Er nennt das Beispiel von Sejad Salihovic, der für die TSG Hoffenheim in einem Entscheidungsspiel zwei wichtige Elfmeter verwandelte, indem er den Ball zwei Mal genau unter die Latte setze. Der Sportpsychologe fragte Salihovic hinterher, wie er das geschafft habe. Salihovic sagte, dass er in dieser Situation einfach nicht nachgedacht habe.
Mayer fragt sich weiter, wie man das schnelle Denken von Spielern optimieren kann. Dabei gebe es ein Problem: Einige Szenarien sind im Fußball schwer trainierbar, da sich viele Situationen nicht nachstellen lassen. Beispielsweise ein Spiel gegen den Rekordmeister Bayern München oder ein Abstiegsduell gegen einen anderen Ligakonkurrenten. Er sieht hier mentales Training als eine Option. Der Sportpsychologe hat sich daher der Frage gewidmet, wie man bei Spielern das langsame Denken schneller machen kann. Langsames Denken bezeichnet Mayer auch als Exekutivfunktionen. Zu diesen gehören drei Bereiche:
1. Inihbition
Bei der Inhibition komme es darauf an, dass der Spieler Impulse und Emotionen unterdrücken und seine Aufmerksamkeit gezielt und wissentlich lenken kann.
2. Arbeitsgedächtnis
Ein Spieler besitzt ein optimales Arbeitsgedächtnis, wenn er Informationen kurzfristig speichern und mit ihnen arbeiten kann.
3. Kognitive Flexibilität
Mit einer hohen kognitiven Flexibilität kann der Spieler den Fokus seiner Aufmerksamkeit wechseln. Er kann sich schnell auf neue Situationen einstellen und auf dem Platz andere Perspektiven einnehmen, beispielsweise die von anderen Mit- oder Gegenspielern.
Jan Mayer nennt Zitate prominenter Spieler, die unterstreichen wie wichtig Handlungsschnelligkeit auf dem Fußballplatz ist. Bastian Schweinsteiger sagte schon, dass es darauf ankäme, auf dem Platz „handlungsschnell zu sein“. Der Spanier Xavi sagte, es bliebe ihm beim Fußball-Spielen „nichts anderes übrig, als schnell zu denken.“ Nationalspieler Josua Kimmich gab zu: „Ich war nicht der Schnellste, aber gedanklich sehr schnell, gerade beim Passspiel.“
Die Reaktion auf einen Reiz kann trainiert werden, sodass die Reaktionszeit eines Spielers sinkt. Das geht mit simplen Signal-Tests, bei denen die Reaktionszeit der Spieler gemessen wird. Dabei kommt es darauf an, dass der Spieler so schnell wie möglich die richtigen Signale erkennt. Richtig erkannte Signale und die Schnelligkeit können in einer Tabelle festgehalten werden. Mit diesen Tests können Trainer so zwischen guten und weniger gute Spieler von ihrer Reaktionszeit her unterscheiden. So können kognitive Flexibilität und Inhibition gemessen und verbessert werden. Dabei kommt es auf jede Zehntelsekunde an, denn als Spieler zwei Zehntelsekunden schneller zu reagieren, kann im Fußball schon viel ausmachen.